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Wie der Herr...

15. Dezember 2021

„Willst du wissen, wie der Mensch ist, schau dir seinen Hund an!“ 
„Wie der Herr, so’s Gescherr“
„Hunde spiegeln ihre Menschen – IMMER!“

Für verhaltensoriginelle Hunde aus dem Tierschutz eine Katastrophe!

Sind gar nicht böse gemeint, ich weiß. Diese Sprüche, die ich im Bezug auf Hunde und ihre Besitzer bereits aus unzähligen Mündern von wirklich netten Menschen gehört habe. Und trotzdem hat diese weit verbreitete Meinung für Tierschutzhunde eine verheerende Wirkung. Insbesondere für die einheimischen Hunde, die jahrelang in unseren Tierheimen vergebens auf Interessenten warten, weil sie bereits betagt und nicht mehr einfach zu erziehen sind oder aufgrund ihrer Vergangenheit eine Verhaltensbesonderheit aufweisen. Denn wir wissen ja, ein Mantra muss man nur oft genug hören, dann ändert sich die Programmierung unserer Festplatte im Schädel und Stammtischparolen werden zur Wahrheit.

„Aber das sollte einem doch egal sein, was andere denken!“ Ja, in der Tat. Trotzdem ist es erstaunlich, dass ein nicht 100%ig funktionierender Hund auch einem durchschnittlich selbstbewussten Menschen schnell peinlich werden kann. „Schau dir mal den Depp an, der hat seinen Hund nicht im Griff!“ Genau, wenn wir selbst schon nicht perfekt sind, dann doch zumindest unser Hund.
Es sind genau diese voreiligen Schlüsse und Verurteilungen, die Menschen davon abhalten können, alte und kranke Tiere zu adoptieren. Wer möchte schon als Depp gelten? Oder als Tierquäler, weil er mit einem Hund spazieren geht, der durchgetretene Pfoten hat, zu dick oder zu dünn ist? Aufgrund von Vereinsamung vielleicht sogar unverträglich mit Artgenossen?

Natürlich können sich Hunde je nach Verhalten der Besitzer, sei es bewusst oder unbewusst, emotional unterschiedlich entwickeln. Eine Studie aus 2017 hat endgültig bewiesen, dass die Hunde von gestressten Menschen ebenfalls gestresster sind – sowohl vom gezeigten Verhalten her, als auch von der körperlichen Symptomatik, wie dem Ausschütten von Hormonen. Trotzdem ist jeder Hund ein Individuum und selbst Wurfgeschwister können sich trotz desselben Besitzers unterschiedlich entwickeln. Bei Kindern ist es ja ähnlich.

Entscheide ich mich dazu, einen verhaltensoriginellen Hund aus dem Tierschutz zu mir zu nehmen, sind die erzieherischen Erfolge möglicherweise nicht mehr so gut wie bei einem völlig unbeschriebenen Blatt. Vielleicht ist je nach Alter auch gar nicht mehr viel zu machen, der Hund bellt unterwegs jeden an oder muss wegen der Sicherheit einen Maulkorb tragen – na und?
Jeder Hundeliebhaber sollte den Hund adoptieren, für den sein Herz schlägt. Vernünftig überdacht, welche Rasse es sein soll und woher der Hund kommen darf. Ob von einem seriösen Züchter, einem Zufallswurf aus der Nachbarschaft oder einem Tierschutzverein. 

Doch sei bitte in Zukunft achtsamer mit dem, was du über andere Hundehalter sagst!
Lass dich nicht mehr dazu verleiten, Menschen vorschnell zu verurteilen, wenn sie Hunde an der Leine haben, die nicht der „Norm“ entsprechen. Versuche stattdessen, mit diesen Menschen ins Gespräch zu kommen und mehr über die Geschichten der Hunde zu erfahren…und in Zukunft bitte keinen dieser Sprüche mehr...

Gastbeitrag unserer ehemaligen Schülerin Susanne Orru-Benterbusch.

{fastsocialshare}

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